Pensionskasse – Der Königsweg zu einer höheren Rente

FAZ Online vom 28.04.2016

“Wird ein Arbeitgeber insol­vent, über­nimmt der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) unter bestimm­ten Voraussetzungen die vom Arbeitgeber dem Beschäftigten zuge­sag­te Betriebsrente. Nach gel­ten­dem Recht ist das aller­dings nicht der Fall, wenn die Betriebsrente über eine Pensionskasse orga­ni­siert wird. Hintergrund dafür ist die Annahme des Gesetzgebers von 1974, dass Pensionskassen durch die Finanzaufsicht und die gesetz­li­chen Anlagevorschriften aus­rei­chend gesi­chert sei­en (vgl. BT-Drs. 7/​2843, S. 9). Diese Annahme ist durch öko­no­mi­sche Entwicklungen wie das lang­an­hal­ten­de Niedrigzinsumfeld über­holt. Pensionskassen kön­nen auf nicht abseh­ba­re Zeit nur noch gerin­ge Renditen erwirt­schaf­ten, wäh­rend sie gleich­zei­tig Betriebsrentenansprüche mit zuge­sag­ten hohen Rechnungszinsen bedie­nen müssen.”

“Die Beschäftigten und Betriebsrentner müs­sen dar­auf ver­trau­en kön­nen, dass ihnen garan­tier­te Betriebsrentenleistungen, die einen wesent­li­chen Bestandteil ihrer Alterssicherung dar­stel­len, auch tat­säch­lich erbracht wer­den. Deshalb wird der PSV-Schutz künf­tig auf Betriebsrenten aus­ge­dehnt, die von Pensionskassen durch­ge­führt wer­den. Damit bestehen dann in allen Durchführungswegen der betrieb­li­chen Altersversorgung Sicherungseinrichtungen, die betrof­fe­nen Versorgungsanwärtern und Leistungsempfängern bei Insolvenz des Arbeitgebers Schutz bieten.”

Quelle: Begründung zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 12.11.2019 /​13.03.2020 – Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und ande­rer Gesetze; Änderungen im Betriebsrentengesetz in Kraft getre­ten am 24.06.2020

Hat die Pensionskasse eine Zukunft?

Unterschätze Haftungsrisiken für den Arbeitgeber

Kürzungen führen zu ungewollt hohen Rückstellungen

Am 07.05.2020 hat­te der Bundestag in zwei­ter und drit­ter Lesung den Entwurf der Bundesregierung für ein Siebtes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und ande­rer Gesetze beschlos­sen und ange­nom­men. Hintergrund war die Feststellung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) am 19.12.2019, dass es in Deutschland kei­nen gesetz­lich gere­gel­ten Insolvenzschutz für den Fall gibt, dass eine Pensionskasse Leistungen auf betrieb­li­che Altersversorgung kürzt und der zusa­gen­de Arbeitgeber im Rahmen des § 1 Abs. 3 Betriebsrentengesetz für die Erfüllung der von ihm zuge­sag­ten Leistungen ein­ste­hen muss, er dazu auf­grund sei­ner Insolvenz aber nicht mehr in der Lage ist.

Galt die Pensionskasse lan­ge Zeit als der siche­re Königsweg in der betrieb­li­chen Altersversorgung, führ­ten nun­mehr die nähe­ren Untersuchungen zu bis­her ver­nach­läs­sig­ten Problemen in der Ausgestaltung der Versorgungszusagen und den damit Verbindungen Risiken und Verpflichtungen des Arbeitgebers.

Die Pensionskasse in Zahlen

Da die Pensionskasse lan­ge als siche­rer und ein­fa­cher Weg zur Durchführung der betrieb­li­chen Altersversorgung galt, ent­schie­den sich eine Vielzahl von Arbeitgebern, die Versorgung ihrer Mitarbeiter hier­über zu gestal­ten. Im Jahr 2018 gab es ca. 136 Pensionskassen in Deutschland mit einem Anwärterbestand in Höhe von 8,096 Millionen und ca. 1,364 Millionen Versorgungsempfängern. Die größ­te unter ihnen ver­wal­te­te zum Ende des Jahres 2019 Kapitalanlagen in Höhe von rund 30,3 Milliarden Euro. Im Jahr 2019 sank die Zahl auf 135 Pensionskassen mit einer Bilanzsumme von 183.027 Mrd. Euro. Die Zahl der Anwärter stieg auf 8,318 Millionen.

Das System eini­ger Pensionskassen funk­tio­niert nach dem ein­fa­chen Prinzip, dass der Arbeitgeber als Mitgliedseinrichtung der Pensionskasse gehal­ten ist, sei­ne Arbeitnehmer auto­ma­tisch zur Mitgliedschaft in der Pensionskasse anzu­mel­den und Beiträge zum Aufbau einer Versorgung der Arbeitnehmer an die­se zu zah­len. Arbeitsrechtliche Fragen und Grundlagen wur­den ver­nach­läs­sigt, was aktu­ell zu uner­war­ten Haftungsrisiken für den Arbeitgeber füh­ren kann.

Sie haben Pensionskassenverträge und Fragen?

Benötigen Sie eine ver­si­che­rungs­ma­the­ma­ti­sche Bewertung zur Ermittlung bilan­zi­el­ler Rückstellungen?

Suchen Sie eine Alternativlösung zum Ausstieg aus den Pensionskassenverträgen?

Kontaktieren Sie uns

Schreiben Sie eine E‑Mail an info@opticura.gmbh
oder Rufen Sie uns an unter 02236 30 900 15.

Pensionskassen, die Ihre vertraglichen Leistungen reduziert haben

Kürzungen einer Pensionskasse im Past-Service betref­fen Leistungskürzungen in bestehen­den Anwartschaften und bei lau­fen­den Rentenleistungen. Sie die­nen regel­mä­ßig der wirt­schaft­li­chen Sanierung der Pensionskasse und füh­ren zu einer Einstandspflicht des Arbeitgebers im Versorgungsfall. bei lau­fen­den Leistungen tritt die Einstandspflicht des Arbeitgebers unmit­tel­bar ein.

Folgende Pensionskassen haben Kürzungen den Past-Service betref­fend bereits vorgenommen:

  • 2018 Pensionskasse der Caritas VVaG
  • 2018 Kölner Pensionskasse VVaG
  • 2019 Deutsche Steuerberatung-Versicherung
  • 2021 Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft (PKDW)

Hinweis: Die BaFin wider­rief mit Wirkung zum 31.12.2020 der Pensionskasse der Caritas sowie der Kölner Pensionskasse die Erlaubnis zum Betrieb des Versicherungsgeschäfts mit der Folge, dass kei­ne neu­en Verträge abge­schlos­sen wer­den dür­fen. Bestehende Verträge dür­fen weder ver­län­gert noch erhöht wer­den. Das Verfahren zum Widerruf der Erlaubnis zum Betrieb des Versicherungsgeschäfts gegen­über der Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft ist noch nicht abgeschlossen.

Pensionskassen, die Ihre Verrentungsfaktoren für künftige Beiträge gekürzt haben (Future-Service)

Nach Information der Bundesregierung vom 15.03.2018 (Drucksache 19/​1216 auf eine klei­ne Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/​DIE GRÜNEN) haben in der Vergangenheit eini­ge Pensionskassen gegen­über der BaFin bean­tragt, die Verrentungsfaktoren für künf­ti­ge Beiträge anzu­pas­sen. Dies ist ein Eingriff in den Future-Service des Versicherungsvertrages, der nicht auto­ma­tisch zu einer Änderung der betrieb­li­chen Versorgungszusage führt. Im Rahmen der arbeits­recht­li­chen Grundverpflichtung ist der Arbeitgeber gefor­dert zu handeln.

Wir hoch die Kürzungen aus­fie­len konn­te die Bundesregierung nicht mit­tei­len, da die Angaben der Pensionskassen als ver­trau­lich ein­zu­stu­fen sei­en. Im Durchschnitt hät­ten die Senkungen des Kalkulationszinses jedoch 1,2 bis 2 Prozentpunkte betragen.

Im Falle der Kürzung der Rechnungsgrundlagen durch die Pensionskasse für künf­ti­ge Beiträge hat der Arbeitgeber die Möglichkeit:

      • eine Anpassung der Versorgungszusage gegen­über der begüns­tig­ten Person zu erklä­ren (arbeits­recht­li­che Begleitung der Kürzung);
      • über die Differenz der ursprüng­lich zuge­sag­ten Leistung gegen­über der Leistung nach Kürzung eine ergän­zen­de unmit­tel­ba­re oder mit­tel­ba­re Versorgungszusage zu erteilen;
      • soweit dies von der Pensionskasse ange­bo­ten wird, durch zusätz­li­che Beiträge an die Pensionskasse die Versorgungslücke auf­zu­fül­len (zusätz­li­che Beiträge sind nicht förderungsfähig);
      • im Versorgungsfall die Versorgungslücke auf­zu­fül­len und der Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG nach­zu­kom­men (bilan­zi­el­le Anhangsangaben und ver­si­che­rungs­ma­the­ma­ti­sche Bewertung erforderlich).

Soweit der Arbeitgeber es unter­lässt, arbeits­recht­li­che Änderungen zur Zusage vor­zu­neh­men und sich somit ent­schei­det, erst im Versorgungsfall für die Versorgungslücke ein­zu­ste­hen, muss er für die Ermittlung der Beitragsbemessungsgrundlage, für die ab 2021 gel­ten­de gesetz­li­che Insolvenzsicherung der Pensionskassenzusage, zusätz­lich eine geson­der­te Berechnung durch­füh­ren (Schattenrechnung). Diese ist auf Basis der erreich­ba­ren Leistungen mit den Rechnungsgrundlagen des Pensionskassenvertrages zu Beginn der Zusage durchzuführen.

Gleiches gilt für die ver­si­che­rungs­ma­the­ma­ti­schen Bewertungen nach Art 28 Abs. 2 EGHGB zur Ermittlung des Fehlbetrags, der bei bilan­zie­ren­den Unternehmen im Anhang der Bilanz aus­zu­wei­sen ist. 

Pensionskassen, die ihre Verrentungsfaktoren für künf­ti­ge Beiträge gesenkt haben

    • 2007 Pensionskasse der EDEKA Organisation VVaG
    • 2008 Pensionskasse west­deut­scher Genossenschaften VV aG
    • 2009 Pensionskasse Rundfunk
    • 2009 Pensionskasse der Wasserwirtschaftlichen Verbände Essen VVaG
    • 2010 Hannoversche Alterskasse VV aG
    • 2010 Hannoversche Pensionskasse VV aG
    • 2011 Baden-Badener Pensionskasse VV aG
    • 2011 Müllerei Pensionskasse VV aG 2011 Pensionskasse Rundfunk
    • 2013 Pensionskasse Rundfunk
    • 2014 Pensionskasse BOGESTRA
    • 2014 Gerling Versorgungskasse
    • 2014 Hannoversche Alterskasse VV aG 2014 Hannoversche Pensionskasse VV aG
    • 2014 Versorgungskasse Radio Bremen
    • 2015 BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a. G.
    • 2015 Pensionskasse der Genossenschaftsorganisation VVaG 2015 HDI Pensionskasse AG
    • 2015 Pensionskasse der Lotsenbrüderschaft Elbe
    • 2016 Dresdener Pensionskasse VV aG
    • 2016 neue leben Pensionskasse AG
    • 2016 Pensionskasse der Novartis Pharma GmbH in Nürnberg VVaG 2016 Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder
    • 2016 Zentrales Versorgungshandwerk für das Dachdeckerhandwerk VVaG
    • 2017 Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen VV aG
    • 2017 Versorgungskasse der Firma M. DuMont Schauberg E. d. K. Zeitung 2017 Pensionskasse der Wasserwirtschaftlichen Verbände Essen VV aG
    • 2017 BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a. G.

Nach Angaben der Bundesregierung tru­gen die Maßnahmen der Kürzung der Verrentungsfaktoren für künf­ti­ge Beiträge zur Verbesserung der wirt­schaft­li­chen Situation der Pensionskassen bei und basie­ren auf Klauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen oder der jewei­li­gen Satzung der Pensionskasse.

Call Now Button